Repository | Book | Chapter

220469

(2001) Politische Theorien der Gegenwart II, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Die Politische Theorie der Dekonstruktion

Jacques Derrida

Thorsten Bonacker

pp. 129-159

Vielleicht beginnt die komplizierte Geschichte zwischen der Dekonstruktion und der Politik am 12. Mai 1968. Mit diesem Datum — einen Tag nach der Pariser Nacht der Barrikaden und einen Tag nach dem Beginn der Utopie — signiert Jacques Derrrida (1988: 119ff.) einen Text, den er einige Monate später in New York als Vortrag hält: Der Titel lautet "Les fins de l"homme". Derrida, 1930 als Sohn jüdischer Eltern in Algerien geboren, ab 1960 an der Sorbonne in Paris lehrend und spätestens seit den 1970er Jahren einer der bedeutendsten französischen Philosophen1, beschäftigt sich hier u.a. mit dem Problem der Verbindung zwischen der metaphysischen Tradition der Philosophie und der Politik. Jene stellt die Frage nach dem Wesen des Menschen und der Humanität sowie der politischen Form der Gesellschaft, insbesondere der Demokratie. Beide sind miteinander verschlungen, indem sie versuchen, dem Menschen als zoon politikon einen Sinn zu geben, der wiederum das Endziel der Politik wäre. Das Ende des Menschen als Erreichen seiner gegebenen Bestimmung wäre die Vollendung des Politischen als Ende der Politik. Statt nun einfach den metaphysischen Kern dieser Konzeption hervorzuheben und sich davon ein für allemal zu verabschieden und die Metaphysik für beendet zu erklären, fragt Derrida nach der Paradoxie dieses Unternehmens und schlußfolgert, daß nur die Unmöglichkeit einer endgültigen Beantwortung der Frage nach dem (Zweck, Ziel, Ende des) Menschen die Möglichkeit bereithält, diese Frage überhaupt zu stellen. Nur wenn wir nicht schon wissen, wer wir sind, was unsere Bestimmung ist, können wir uns nach uns befragen und können Politik machen. Das Antworten der Politik auf die Frage nach dem Wir wäre abhängig von einer prinzipiellen Unbeantwortbarkeit dieser Frage als Frage.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-12320-0_5

Full citation:

Bonacker, T. (2001)., Die Politische Theorie der Dekonstruktion: Jacques Derrida, in A. Brodocz & G. S. Schaal (Hrsg.), Politische Theorien der Gegenwart II, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 129-159.

This document is unfortunately not available for download at the moment.